Es gilt das gesprochene Wort! TOP 27 – Planung der A20 fortführen – Landesbetrieb personell und sächlich aufstocken. Dazu sagt der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Andreas Tietze:
Sehr geehrte Damen und Herren,
nachdem ich eine Nacht über die gestrige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts geschlafen habe, stelle ich fest: Die Würfel sind gefallen. Das Gericht in Leipzig hat die Klagen der Naturschutzverbände und der Gemeinde Kollmar abgelehnt und die Linienführung der A20 anerkannt.
Dieses Urteil ist eine Zäsur. Die rechtlichen Mittel gegen die A20 in Schleswig-Holstein sind damit ausgeschöpft. Recht ist gesprochen. Dies müssen wir nun anerkennen. Die Ökonomie hat sich gegen die Ökologie durchgesetzt.
Liebe Opposition, Minister Meyer und seine Landesbehörde haben am Ende die Planungsverfahren erfolgreich abgeschlossen. Auch wenn das Gericht den Planfeststellungsbescheid erst mal für rechtswidrig erklärt hat, die Behörde kann das nachträglich heilen.
Die Naturschutzverbände und die Gegner der A20 sind enttäuscht. Ich kann das gut verstehen. Da haben Menschen jahrzehntelang für den Klimaschutz und die Natur gekämpft und verloren. Aber es gilt der alte Brechtsatz: „Wer kämpft kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“
Jetzt sage ich aber auch, dass der Kampf gegen Windmühlen keinen Sinn mehr macht. Man muss die Realität anerkennen. Es ist bitter für die Verbände. Der Umweltbericht des Umweltbundesamtes, der vor einigen Tagen erschienen ist, hat ihnen fachlich vollkommen Recht gegeben.
Die A20 beansprucht viel Fläche, verursacht hohe Kosten für den Naturschutz und trägt zu einem erheblichen Teil zu einer Erhöhung der Lärm- und Klimaemissionen sowie der Luftschadstoffe bei. Der volkswirtschaftliche Schaden beträgt 740 Millionen Euro.
Bei 11 von 13 Umweltkriterien gibt es eine hohe Betroffenheit der Natur, Naturschutzgebiete und Lebensräume von Tieren werden zerschnitten und Wanderungskorridore versperrt. Für jeden Naturliebhaber ist die gestrige Entscheidung eine herbe Enttäuschung.
Der Straßenverkehr ist in Deutschland mit 162 Millionen Tonnen C02-Ausstoß jährlich der größte Verursacher schädlicher Emissionen. Insofern ist es schon bitter: Fachlich bekommen die Kritiker Recht, nur nicht vor Gericht. Recht haben und Recht bekommen sind aber nun mal zwei Paar Schuhe.
Jetzt geht es darum, den Schaden für Natur und Mensch so gering wie möglich zu halten. Nun kommt es darauf an, die vom Gericht verordneten Nachbesserungen der Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen. Quecksilber bedroht das Grundwasser und damit direkt die Gesundheit vieler Menschen. Hier muss eine Gefährdung unbedingt ausgeschlossen werden. Die Bürgerinnen und Bürger müssen umfassend beteiligt werden.
Auch beim Brandschutz hat die Landesregierung Solidarität mit der Gemeinde Kolmar und dem Kreis Steinburg bekundet, wir Grüne haben das mitgetragen. Bei Sicherheit und Gesundheit lassen wir die Menschen nicht im Regen stehen.
Es ist aber ein Trugschluss zu glauben, die A20 werde nun schnell gebaut. Die Forderungen des CDU-Vorsitzenden Liebing laufen aus mehreren Gründen ins Leere:
- Eine Ausschreibung kann erst dann erfolgen, wenn die Finanzierung eines Öffentlich-Private-Partnerschaft (ÖPP) – Modells steht oder die Finanzierung durch den Bundeshaushalt abgesichert ist.
- Die schriftliche Urteilsbegründung muss noch abgewartet werden.
- Die Wasserrahmenrichtlinie muss ausgelegt und die Bürgerbeteiligung ordnungsgemäß durchgeführt werden.
Wenn die CDU jetzt suggeriert, die Grünen stünden hier auf der Bremse und sie könnte das alles besser, dann ist das Kraftmeierei, purer Unsinn und entbehrt jeglicher Logik. Im Gegenteil: Sie ist jahrelang Teil des Problems gewesen. Ihre Schuldzuweisungen gegenüber dem Landesbetrieb und Herrn Minister Meyer waren grenzenlos. Vorgestern hat sie noch: „Kreuzigt ihn“ gerufen, heute singt sie „Halleluja“.
In Wahrheit lamentiert sie herum, weil ihr vermeintlicher Wahlkampfschlager abhanden gekommen ist. Wenn man sonst nichts zu bieten hat, außer die A20, ist das ja auch ärgerlich. Landespolitisch bestehen nun keine Handlungsoptionen mehr. Der Ball liegt in Berlin.
Wir werden genau beobachten, was Herr Dobrindt jetzt konkret macht. Bisher ist das Geld nach Bayern gegangen. Nun wird man genau hinschauen, was die CDU auf Bundesebene wirklich für das Bundesland herausholt.
Auch wenn in der Wirtschaft jetzt die Champagnerkorken knallen, die Entscheidung ist nicht gut für Natur und Umwelt und auch nicht für die in Paris vereinbarten Klimaschutzziele. Ökonomie schlägt Ökologie. Deutschland ist mehr denn je von einer verkehrsmittelübergreifenden, integrierten Mobilitätspolitik mit anspruchsvollen Umweltzielen entfernt. Der Fokus liegt weiterhin auf Beton und Zement. Klimapolitik geht anders.