Es gilt das gesprochene Wort! TOP Aktuelle Stunde – Industriepolitik/Senvion. Dazu sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Andreas Tietze:
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Vorgänge um die Schließung des Standortes Husum des Windenergieunternehmens Senvion machen fassungslos. Die negative Auswirkung der Globalisierung ist der Ausverkauf eines traditionellen Windanlagenherstellers – droht der Windkraftbranche das gleiche Schicksal wie der Solarbranche?
Es ist bitter für den Standort, der eigentlich ideal am Hafen in Husum liegt. Bitter für die Belegschaft, die hervorragende Arbeit in all den Jahren geleistet hat. Bitter für die Wirtschaft vor Ort und im Land.
Was mich aber richtig wütend macht, ist die Respektlosigkeit der Unternehmensführung gegenüber den MitarbeiterInnen – geradezu feige und charakterlos. Am Montag zur Betriebsversammlung war nicht eine einzige VertreterIn des Managements dabei.
Am letzten Donnerstag, so berichtete mir der Betriebsrat, wussten die UnternehmensvertreterInnen nicht einmal, wie viele Menschen am Standort Husum beschäftigt sind. Sie waren auf die Nachfragen des Ministers gar nicht vorbereitet.
Für mich ist das organisierte Verantwortungslosigkeit. Hier soll kalt abgewickelt werden.
Zahllose EigentümerInnen – am Ende Hegefonds – keine Investition, keine Innovation – kaufen und verkaufen und quetschen dazwischen das Unternehmen aus wie eine Zitrone. Es zählt für sie nur die Rendite: Das ist Turbokapitalismus pur.
Jetzt zieht die Karawane weiter, produziert wird nun in Portugal. Das senkt die Lohnkosten von 33 Euro auf 12 Euro pro Stunde. So werden die Standorte in Europa gegeneinander ausgespielt.
Fragt man nach betriebswirtschaftlichen Daten und Fakten, schweigt die Geschäftsführung. Das Unternehmen hat in Husum einen idealen Standort am Hafen, es geht um Großkomponentenfertigung Gondeln, die 35 bis 37 Tonnen schwer sind. Diese kann man nicht einfach über das Land transportieren. Also das kann man schon, ist aber teuer. Was man an Lohnkosten spart, gibt man an Logistikkosten wieder aus. Wo ist da die Logik?
Was ist zu tun? Wir unterstützen Minister Meyer. Vielen Dank für Ihr Engagement und die Gespräche, die Sie vor Ort geführt haben. Wir unterstützen auch die Belegschaft: Sie haben unsere volle Solidarität: Sie sind kreativ und optimistisch. So sind die NordfriesInnen, solche MitarbeiterInnen wünscht man sich.
Es gibt ein Konzept für den Weiterbetrieb: Reparatur, Wartung, Servicezentrum und die Produktion einer neuen 3MW Anlage. Dies unterstützen wir nach Kräften. Der Standort Husum hat den Vorteil, dass er Lagerhallen und Werkstätten für den Großkomponententausch vorhält. Diese Infrastruktur muss in Schleswig erst aufgebaut werden, von daher ist es nicht logisch den Standort Husum zu schließen.
Die HedgefondsmanagerInnen sitzen auf den Cayman Inseln und denken nur an den Verkauf. Die Botschaft an Senvion muss sein: Wenn Ihr euch weiterhin so schofelig verhaltet, dann werden wir euch das Leben so schwer wie möglich machen. 92 Kündigungen und 68 Versetzungen müssen zurück genommen werden – der Standort Husum muss erhalten bleiben. Ein Sozialplan kann nur das letzte Mittel sein.
Das Unternehmen muss Zeit für die neue Planung geben. Das Unternehmen will den Standort aber schon nach 70 Tagen schließen. Dies ist unfair, unrealistisch und respektlos gegenüber der Region und den MitarbeiterInnen. Senvion will das Gelände schnell verkaufen und Kasse machen. Der Husumer Bürgermeister hat schon harte Maßnahmen angekündigt, wenn das Unternehmen weiterhin nach dem Motto „macht die Tür zu, ich komme durch die Wand“ agiert.
Das Thema darf aber nicht für billige Parteipolitik missbraucht werden, das war die ausdrückliche Bitte der Belegschaft, mit der ich am Montag gesprochen habe.
Unternehmenschef Geißinger bezeichnete die Zentrale in Hamburg als das Gehirn von Senvion. Die Belegschaft konterte diese Aussage: Wenn Hamburg das Gehirn ist, dann ist Husum das Herz von Senvion und bekanntlich bekommt das Gehirn keinen Sauerstoff, wenn das Herz aufhört zu schlagen.