Rede zu Protokoll gegeben TOP 30 – Gründergeist für Schleswig-Holstein. Dazu sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Andreas Tietze:
Liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ihr Antrag, verehrter Herr Kollege Vogt, ist eine gute Initiative. Leider, und das wissen Sie, haben wir keine Gelegenheit mehr darüber mit Ihnen im Ausschuss zu diskutieren. Daher vermute ich, dass sie diesen Antrag mit der Intention stellen: Seht her, wenn ihr am 7. Mai FDP wählt, dann geht es mit dem Gründergeist ab in Schleswig-Holstein.
In anderen Landtagen haben Sie diese politische Initiative auch eingebracht. Es ist eben Wahlkampf. Das Motto „nur mit der FDP wird es etwas beim Gründergeist“ ist aber vollkommen falsch. Viele ihrer Punkte unterstützt meine Partei und sie finden ähnliche Passagen in unserem Wahlprogramm.
Einige Vorschläge sind gut, andere greifen nach unserer Ansicht nicht weit genug oder legen die Axt an die soziale Gerechtigkeit, etwa den Mindestlohn, und sind der gewohnte kalte neoliberale Kaffee, den sie hier gelegentlich auftischen!
Die Küstenkoalition war bei dem Thema wahrlich nicht faul – wir haben einiges auf den Weg gebracht. Es gibt bereits breite politische Unterstützung für Gründerinnen und Gründer, Schleswig-Holstein ist längst ein Gründungsland. Ich erinnere an den Landtagsbeschluss vom 10. Juni 2016: „Die Landesregierung wird gebeten, weiterhin aktiv an der Etablierung einer Gründungskultur in Schleswig-Holstein mitzuwirken und die Rahmenbedingungen speziell für nachhaltige Unternehmen auszubauen.“ Danach folgten konkrete Maßnahmen.
Wir haben den Ausbau von Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen vorangebracht. Die Gründerzentren an Hochschulen ausgebaut; das Werner-Jackstädt-Zentrum der Europa-Universität Flensburg und der Hochschule Flensburg sowie das Zentrum für Entrepreneurship der CAU leisten großartige Arbeit.
Wir haben die Landesentwicklungsstrategie auf den Weg gebracht, ich erinnere: „Mittelfristiges Ziel ist es, den Standort Schleswig-Holstein als Gründerland zu etablieren. Junge Menschen sollen ermutigt werden, sich in Gründungen einzubringen.“
Wir haben ein Gründungsstipendium zur Unterstützung in der Pre-Seed-Phase (2016 bis 2019 je eine Mio. Euro) ausgelobt. Wir haben die Seed- und Start-up-Fonds zur Unterstützung von Ausgründungen aus Hochschulen, Entwicklungen von Prototypen und Aufbau des Geschäftsmodells gefördert. Wir haben uns stark gemacht für die Förderung eines landesweiten Start-up-Netzwerks und für einen Ideenwettbewerb Schleswig-Holstein für neue Geschäftsideen und den Aufbau von Netzwerken.
Innovationsfreude, Technologieoffenheit, Breitbandausbau gehen voran im Land. Als Grüne Fraktion haben wir bereits zwei Fachgespräche mit GründerInnen geführt. Wir stehen im Dialog und haben die Rahmenbedingungen verbessert. Also es ist nicht nichts passiert – ganz im Gegenteil!
Was sehe ich kritisch an ihrem Antrag: Sie fordern ein Bürgergeld, wir sagen nein zu zum Sozialabbau. Stattdessen könnte ein bedingungsloses Grundeinkommen den Gründergeist beflügeln. Sie fordern die Abschaffung des Landesmindestlohngesetzes und Aussetzung der Dokumentationspflichten für GründerInnen für 24 Monate. Wir sagen nein zum Lohndumping und zum Aushebeln des Mindestlohns und einen Bürokratieabbau zu Lasten von ArbeitnehmerInnen tragen wir nicht mit. Weniger Bürokratie ja, aber nicht auf Kosten der Schwächsten in der Gesellschaft.
Ich stelle fest, dass das Thema Soziale Gerechtigkeit bei Ihnen nicht vorkommt – schade. Aber na gut, da haben die WählerInnen wenigstens eine Wahl! Gut finde ich, dass sie ein Einwanderungsgesetz fordern. Das fordern wir Grüne auch, da stehen wir an ihrer Seite. Es geht aber nicht, dass Geflüchtete in gute und schlechte Neuankömmlinge eingeteilt werden, je nachdem, welchen akademischen Hintergrund sie haben. Der Mensch muss im Vordergrund stehen, nicht das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts.
Was wir noch als Grüne auf dem Zettel haben: Wir wollen gemeinwohlorientierte GründerInnen gezielt fördern, auch wenn nicht die Gewinnmaximierung im Vordergrund steht. Wir wollen besonders Social Entrepreneurs und ökologisch nachhaltige Ideen unterstützen (zum Beispiel MyBoo – Bambusfahrräder mit Kooperationen in Ghana). Wir wollen Coworking Spaces und FabLabs weiter ausbauen. Sie schlagen BAföG für GründerInnen vor, ein interessanter Ansatz. Wir finden allerdings Gründungsstipendien nach skandinavischem Vorbild besser.
Mein Fazit: Ein konstruktiver Antrag. Gerne hätten wir diesen Antrag mit ihnen debattiert und weiterentwickelt – aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben. Bringen sie den Antrag doch in der nächsten Legislaturperiode wieder an – wir werden dann vielleicht sehen, was möglich sein wird.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.