Pressemitteilung Nr. 095.18: Es gilt das gesprochene Wort! TOP 23 – Mobilität erhalten, Wertverlust verhindern: Keine neue Kennzeichnungspflicht für Diesel-Kraftfahrzeuge. Dazu sagt der verkehrspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Andreas Tietze:
Liebe Kolleg*innen,
rund 38.000 Menschen sind einer Hochrechnung zufolge wegen nicht eingehaltener Abgasgrenzwerte bei Dieselfahrzeugen allein im Jahr 2015 vorzeitig gestorben, wie ein wissenschaftliches Team um Susan Anenberg von der Organisation Environmental Health Analytics (LLC) in Washington berichtet.
Die Wissenschaftler*innen errechneten, dass Dieselfahrzeuge jährlich rund 4,6 Millionen Tonnen Stickoxide mehr ausstoßen, als sie nach geltenden Abgasgrenzwerten dürften. Im Jahr 2015 habe der Gesamtausstoß in der Folge bei 13,1 Millionen Tonnen gelegen, schreiben die Forscher*innen im Fachmagazin „Nature“.
Angesichts dieser Fakten bin ich bestürzt über den Antrag der AfD, über den wir heute Morgen diskutieren. Das was sie schreiben, das was sie sagen sind Fakenews pur und es muss wie Hohn in den Ohren der Menschen klingen, die an besonders gefährlichen Orten wie dem Theodor-Heuss-Ring in Kiel leben.
Es ist nur peinlich und eine völlige politische Fehleinschätzung, dass sie denken, sich so bei Dieselfahrer*innen einschleimen zu können. Das Gegenteil ist der Fall, die Menschen sind bitter enttäuscht, sie haben in gutem Glauben einen Diesel gekauft und sind durch die Industrie hinters Licht geführt worden.
Sie erwarten zu Recht, dass die Automobilindustrie in Haftung genommen wird und rechtlich zu kostenlosen Umrüstungen gezwungen wird, wie zum Beispiel in den USA. Die Zeche darf nicht der Kunde oder die Kundin zahlen. Wer betrügt, muss zur Verantwortung genommen werden.
Man schüttelt den Kopf über die Tricksereien der deutschen Automobilindustrie. Vertrauen weltweit verspielt auf besonders perfide Art. Profitstreben pur und die Bundesregierung, Minister Dobrindt und auch sein Nachfolger Herr Scheuer, sind Handlanger dieses unseriösen Betruges. Kopfschütteln auch über das politische agieren der Stadt Kiel und des von mir sehr geschätzten Oberbürgermeisters Dr. Ulf Kämpfer. Ich kann überhaupt nicht verstehen, dass sich die Stadt Kiel dieses Gutachten von Volkswagen bezahlen lassen will. Da wird doch der Bock zum Gärtner gemacht. Herr Kämpfer hat das erst schön geredet und dann wohl gemerkt, dass das nicht gerade logisch ist und nun soll ein unabhängiges Institut das Gutachten von Volkswagen überprüfen. Das versteht niemand und das ist politisch auch nicht zu vermitteln.
Für uns Grüne ist höchster politischer Auftrag, die Gesundheit der Menschen zu schützen. Nach unserer Auffassung müssen wir beim Handeln zwei Dinge zentral beachten:
1. Die Zeit: Wir müssen einerseits schnell handeln, um die Gesundheit der Menschen zu schützen, aber auch andererseits Lösungen finden, die auf Dauer wirken.
2. Die Verhältnismäßigkeit: Abgase durch Fahrverbote nur woandershin zu verlagern, hilft zwar vor Ort, schadet aber anderen – klingt nach St. Florian-Prinzip.
Doch welche Maßnahmen auch immer beschlossen werden, sie doktern nur an den Symptomen herum.
Wir müssen endlich die Energiewende im Verkehr voranbringen. Dazu haben wir in der Jamaika-Koalition einen Antrag vorgelegt. Kiel könnte beispielsweise von Oslo lernen: 100.000 E-Fahrzeuge, freie Schnellladeinfrastruktur in der Stadt, E-Autos fahren auf Busspuren und sind von der City-Maut ausgenommen. Bis 2030 will Oslo den Verbrennungsmotor im gesamten Stadtgebiet verbieten. Mutig? Nein, innovativ und kluge Politik für eine moderne Stadt- und Mobilitätspolitik im 21. Jahrhundert.
Davon ist Kiel meilenweit entfernt. Schade eigentlich, verbindet doch eine tägliche Fähre Kiel und Oslo. Wir Grüne wollen Mobilität neu denken. Von der Energiewende über die Sektorenkopplung zur Verkehrswende. Dazu gehört auch die Stärkung des ÖPNV.
Lassen Sie uns die rund zehnfach effizienteren E-Busse oder auch Stadtbahnen so attraktiv machen, dass man sie gerne an Stelle des Autos nutzt. Lassen Sie uns im April die Urteilsbegründung prüfen und dann die Maßnahmenvorschläge abstecken, damit wir im Herbst anfangen können, den Luftreinhalteplan umzusetzen.
Parallel dazu arbeiten wir an der Mobilität der Zukunft: elektrisch, modern, vernetzt, nachhaltig, unabhängig. Ob mit Plakette oder ohne: Das Festhalten an veralteter Technik hilft nicht weiter. Stinker bleibt Stinker.