Es gilt das gesprochene Wort! TOP 16 – Klare Regeln für Vermietung von Ferienunterkünften über Buchungsportale. Dazu sagt der wohnungsbaupolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Andreas Tietze:
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident,
eine tolle Idee wurde da 2007 in San Francisco geboren: Die Stadt war während einer Designmesse – wahrscheinlich wie immer – komplett ausgebucht und plietsche Student*innen kamen auf die Idee, ihre Privaträume für eine kurze Zeit zu vermieten. Soweit, so gut.
Das machte Schule und die Möglichkeit, über das Internet unkomplizierte, günstige Übernachtungen zu buchen, wurde von Reisenden aus aller Welt rasant schnell angenommen. Ein neues Lebensgefühl belebt seit dem zum Beispiel die spießige Städtereise – mit Pauschalangebot inklusive Stadtführung.
Jetzt ist ein Schnäppchenwochenende mit direktem Zugang zum Kiez möglich oder sogar: direkt auf dem Kiez. Von den Hosts, also den Gastgeber*innen, bekommt man quasi den „Schlüssel zur Stadt“ mit echten, realen Insidertipps für den Abend. Die Zielgruppe derer, die niedrigschwellig verreisen können, ist durch dieses Modell ohne Zweifel erweitert worden.
Gleichzeitig haben auch mehr Menschen die Möglichkeit auf einen Nebenverdienst, wenn zum Beispiel die Kinder aus dem Haus sind und die Wohnung ein wenig zu groß, ein wenig zu teuer geworden ist. Auch gut so. Aber wie so oft, wurde hier eine neue, gute Idee derartig gut angenommen, dass das vorhandene Regelwerk darauf nicht vorbereitet ist.
Fakt ist, dass in vielen Bereichen unseres Landes eine Wohnungsknappheit herrscht. Und dass die Möglichkeit besteht, dass Wohnungen der dauerhaften Vermietung entzogen werden. Daher muss die Frage nach einem Zweckentfremdungsverbot nicht nur erlaubt sein, es muss über dessen Sinnhaftigkeit ernsthaft und ergebnisoffen diskutiert werden. Es gibt in Schleswig-Holstein durchaus Städte und Gemeinden, die hier Bedarf haben und genau das fordern. Daher wollen wir ein Zweckentfremdungsverbot nicht generell vorschreiben, sondern es den Kommunen als freiwilliges Instrument an die Hand geben.
Laut Statistikamt Nord gibt es keinerlei verlässliche Grundlagen und damit Aussage, wie hoch die Übernachtungszahlen real sind, die über die vielen Buchungsportale gebucht werden. Es liegen einfach keine Erhebungsmerkmale vor. Diese zur Verfügung stehenden Unterkünfte sind in keinem Tourismusverzeichnis zu finden. Die Portale vermitteln nur Adressen, Übernachtungen werden nicht erfasst.
Nebenbei: Der allgemeine Zuwachs an Übernachtungen von 4,6 Prozent in unserem Land ist sehr schön und spricht auch nicht für eine akute Bedrohung für unsere Übernachtungsbetriebe. Dennoch: Der allgemein gebrauchte Begriff Airbnb steht natürlich nur stellvertretend für eine Flut von Vermittlungsportalen.
Je nach zu erreichender Zielgruppe finden Sie unzählige Anbieter*innen und werden mit dem einen oder der anderen großen Anbieter*innen feste Absprachen in Städten mit Wohnraumknappheit getroffen, so gibt es morgen neue Portale, die sich nicht daran halten. Denn eines eint diese Portale: Sie sind nicht privat. Das sind hochprofessionelle, auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Organisationen. Diese zahlen ihre Steuern in der Regel nicht in Deutschland und es ist ihnen auch vollkommen gleichgültig, ob ihre Kund*innen das tun oder eben nicht.
Die Diskussion heißt aus meiner Sicht nicht: private Zimmervermietung versus gewerbliche. Und auch nicht, ob Homesharing, also die Vermietung aus den eigenen vier Wänden heraus, verboten werden soll. Die Fragen sind: Geht in einem Quartier mit Wohnungsnot eine nennenswerte Anzahl an Wohnungen für Wohnungssuchende verloren? Wann ist eine private Vermietung ein Gewerbe mit entsprechenden Pflichten? Und hier sind die Begrifflichkeiten sehr ungenau. Hat der Staat durch eine neu entstandene Lücke im System Steuermindereinnahmen? Das muss geklärt werden.
Hier müssen wir nicht vorauseilend regulieren, aber hier dürfen wir Missstände auch nicht ignorieren. Wir plädieren daher für eine Beratung mit Anhörung federführend im Wirtschaftsausschuss, zur Mitberatung im Finanz- sowie dem Innen- und Rechtsausschuss. Vielen Dank!