Wir wollen keine Wuchermieten

Wir wollen keine Wuchermieten

PM#109.19 · Es gilt das gesprochene Wort! TOP 19 – Keine Rolle rückwärts beim Mieterschutz! Dazu sagt der wohnungsbaupolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Andreas Tietze:

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Damen und Herren,
kaum ein Thema ist in unserem Land so wichtig wie dieses. Und gleichzeitig so schwierig in der Lösung der Problemlage, wie wir sie momentan haben: Der Mietzins ist in den Ballungsgebieten überproportional gestiegen, freie Wohnungen sind nicht vorhanden und bebaubare Grundstücke Mangelware. Aber richtig ist auch, dass wir einen Großteil der Probleme nicht hätten, wenn die Wohngemeinnützigkeit vor Jahrzehnten nicht abgeschafft, die kommunalen Wohnungsunternehmen nicht verkauft worden wären.

An diesem Prozess war auch die SPD beteiligt, darum ist es jetzt, aus der Opposition heraus nicht angebracht, polemisch Stimmung zu machen und die Verantwortung von sich zu schieben. Ein SPD-Oberbürgermeister in Kiel hat für den Wohnungsbereich bisher keine Entlastung gebracht, der durchschnittliche Mietzins für eine 60 m² Wohnung lag 2011 bei 5,72 € pro m², 2018 waren es bereits 8,28€.

Darum plädiere ich nach wie vor dafür, parteiübergreifend nach Lösungen zu suchen und nicht für gegenseitige Schuldzuweisungen. Der Preisentwicklung nach oben bei den Mieten muss Einhalt geboten werden, keine Frage. Eine Analyse und auch die Kritik an den Instrumenten wie der Mietpreisbremse hat ihre Berechtigung.

Die Mietpreisbremse verschafft keinem Mieter und keiner Mieterin eine Wohnung. CDU und SPD haben die Mietpreisbremse in der Großen Koalition ab Januar dieses Jahres verschärft und auch ich hätte diese Wirkung gerne abgewartet. Es gehört aber auch zur Wahrheit, Frau Ünsal, Herr Stegner, dass Sie sich in Berlin als SPD bei der Verschärfung nur zum Teil durchgesetzt haben: die Länder haben die freie Wahl, die Bundesregelungen durchzuführen und die Länder lassen sie auslaufen.

Es gehört auch zu den unwidersprochenen Tatsachen, dass die Mieten bei der Einführung der Mietpreisbremse erst mal gestiegen und nicht gesunken sind. Und mehr Wohnungen sind auch nicht gebaut worden. Die Jamaika-Koalition ist sich einig: Wir wollen keine Wuchermieten.

Wir wollen den §5 im Wirtschaftsstrafrecht ebenso neu fassen, wie Sie. Für uns ersetzt die Verschärfung von §5 die Mietpreisbremse. Sie ist nach unserer Auffassung ein schärferes Schwert – §5 gilt eben in der ganzen Republik.

Wer Mietwucher betreibt, muss nicht nur die zu viel gezahlte Miete zurückzahlen, sondern kann auch mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro bestraft werden. Außerdem wollen wir wie bei der Mietpreisbremse die Beweislastumkehr. Die Sanktionierung zu hoher Mieten allein langt aber nicht aus. Neben einer künftigen Geldbuße für das Verlangen einer zu hohen Miete, brauchen wir weitere, unterschiedliche Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen, die gemeinsam Wirkung entfalten.

Dazu haben wir ein umfassendes Gutachten in Auftrag gegeben, welches uns Empfehlungen gegeben hat, die wir in einen Maßnahmenkatalog umsetzen: Bestehende Förderprogramme innerhalb des Zweckvermögens so verändern, dass der Erwerb von Wohneigentum leichter zu realisieren ist. Wohneigentum ist ein wichtiger Baustein zur Verhinderung von Altersarmut. Während 70 Prozent der Europäer*innen im eigenen Heim wohnen, belegt Deutschland in dieser Hinsicht den letzten Platz. Das Programm „Jung kauft Alt“ wollen wir aufnehmen. Es soll all diejenigen unterstützen, die ein altes Haus aus dem Bestand kaufen und renovieren – es darf im Sinne von Nachhaltigkeit nicht sein, dass ein Neubau günstiger ist, als die Renovierung eines alten Hauses.

Aber auch umgekehrt: „Alt baut um für Jung“ soll aus unserer Sicht gefördert werden. Viele ältere Menschen brauchen ihren vorhandenen Wohnraum nicht mehr. Wenn sie dann für junge Familien Platz schaffen, so hilft das allen Beteiligten. Auch die Dynamisierung des Wohngeldes und der Rückkauf von Belegrechten sind notwendig. Wer annähernd die Hälfte des verfügbaren Einkommens für das Wohnen aufwenden muss, kommt in die Armutsgefährdung – das können wir nicht akzeptieren.

Auch das Instrument der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme soll aus unserer Sicht verstärkt eingesetzt werden. In Kommunen mit drängender Wohnraumknappheit, müssen Grundstücke zur Innenverdichtung bebaubar sein. Eigentum verpflichtet, so steht es schon im Grundgesetz und im Baugesetzbuch ist das sogenannte Baugebot verankert.

In Zeiten knapper Wohnungen ist es unsolidarisch, auf spekulative Bodenwerte zu setzen. Es bedarf in der Wohnungsbaupolitik ressortübergreifender Handlungsansätze: Wirtschaftliche, sozialpolitische und durchaus auch verkehrspolitische – mit einer guten, rationellen ÖPNV-Anbindung steht Pendler*innen auch günstigerer Wohnraum im Umland zur Verfügung.

Diesen Verknüpfungen werden wir uns verstärkt zuwenden müssen.

Pressemitteilung (PDF)