PM#319.19 · Es gilt das gesprochene Wort! TOP 18 – Autozugverkehre Sylt in Nahverkehr integrieren. Dazu sagt der verkehrspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Andreas Tietze:
Liebe Kolleg*innen,
die 39 km von Westerland über den Sylt-Damm nach Niebüll machen uns große Sorgen. Für die Region sind sie der Nabel zur Welt. Sie sind die einzige Landverbindung der Insel Sylt. Über die Hälfte ist nur eingleisig. Auch mit dem vom Bund geplanten zweiten Gleis, bleiben Westerland und Niebüll Nadelöhre.
Wer je vor der Schranke wartete, bis endlich fertigrangiert wurde, kennt das eigentliche Übel: Alles muss über eine Weiche. Mitten in diese Probleme stopft die DB als Anhängsel der Autozüge ihren SyltShuttlePlus.
Vor Ort heißt er Geisterzug. Ich nenne ihn SyltShuttleMinus: Sein Rangieren verstopft die Engpässe. Er trennt an den Schranken die Orte. Er verbrennt Geld und Diesel für nichts und wieder nichts. Ganze zwei Leute fahren im Schnitt mit. Dringend benötigte Lokführer*innen fahren sinnlose Züge, während woanders Züge ausfallen.
Mit ihm macht die DB Verlust, aber ohne ihn verliert sie ihren Profit der Autozüge. Dieses Gewinnstreben behindert den gesamten Verkehr. Man stelle sich vor, Skandinavienfähren ließen Beiboote zu Wasser und blockieren so die Förde-Schifffahrt.
Meine Damen und Herren, 1994 änderte der Bundestag §87e Grundgesetz für mehr Schienenverkehr, diskriminierungsfreien Netzzugang und die Entlastung öffentlicher Haushalte.
Die EU-Verordnung 1370/2007 sichert das öffentliche Interesse an öffentlichen Verkehren unter anderem durch die „Gewährung ausschließlicher Rechte“. Niemand anders darf dort Nahverkehr fahren, auch wenn er oder sie damit Gewinn machen würde.
Hier muss man ansetzen, denke ich: Autozüge stören weite Teile des Netzes. Daher müssen wir das öffentliche Interesse schützen. Fast alle fahren unter 50 km und einer Stunde. Nach §2 Abschnitt 12 AEG ist das Nahverkehr. Sylter Autozüge sind kein Güterverkehr, denn ohne Menschen kämen die Autos nicht auf die Insel. Die DB befördert laut §1.1 ihrer Beförderungsbedingungen nur begleitete Kfz. SPNV ist nach §2 Absatz 12 AEG ein „Verkehrsdienst, dessen Hauptzweck es ist, die Verkehrsbedürfnisse der Region abzudecken“. SPNV darf also auch mehr als nur Leute befördern. Autos kommen also nur „mit“. Wie Fahrräder ja auch. Die Bahnreform von 1994 und unser ÖPNVG von 1995 sichern dem Land die Hoheit im SPNV.
Ich bin überzeugt, dass wir das Recht haben und auch bekämen, Autozüge auch gegen den Willen der Betreiber in unsere SPNV-Netze zu integrieren und auszuschreiben. Lassen Sie uns das juristisch prüfen und wahrnehmen.
Denn neben der Infrastruktur, die wir für viel Geld bauen, muss auch der Betrieb aufeinander abgestimmt sein. Sonst lassen wir die Menschen vor Ort und unsere Gäste am Bahnsteig stehen. Die ganze Region, die Wirtschaft und die Menschen hängen von einer funktionierenden Bahnverbindung ab.
Die Verpflichtung zum Allgemeinwohl darf nicht einzelnen Konzerninteressen geopfert werden. Agiert ein Monopolist gegen Wirtschaftlichkeit und Vernunft, ist das weder marktwirtschaftlich sinnvoll, noch gesellschaftspolitisch tolerierbar.
Meine Damen und Herren, wenn Sie mich fragen: Der SyltShuttleMinus hat fertig.