Pressemitteilung Nr. 273.21 · Es gilt das gesprochene Wort! TOP 31 – Elektrifizierung der Marschbahn. Dazu sagt der verkehrspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Andreas Tietze:
Sehr geehrte Damen und Herren,
die erste Oberleitung kam 1994, nach dem Mauerfall, und so sind bei uns nur 29 Prozent der Strecken elektrifiziert. 27 Jahre später hat das Land der Energiewende die „rote Laterne“ bei der Elektrifizierung der Bahn und liegt gleichzeitig auf Platz 1 aller Bundesländer bei der Produktion von erneuerbarem Strom.
Der Bund will von heute 60 Prozent auf 70 Prozent bis 2025 kommen, aber leider bislang ohne uns. Aber: Das Bundes-GVFG fördert bis zu 90 Prozent Elektrifizierungs-Projekte. Jetzt ist also unser Engagement gefordert. Lassen Sie mich vorab klarstellen: Akku und Wasserstoff taugen nur als Übergang für kleine Triebwagen auf kurzen Strecken. Die 236 km lange Marschbahn hat IC- und schwere, 600m lange Autozüge. Stromschienen taugen kaum in der Gischt des Syltdammes und übertragen zu wenig Leistung. Die Oberleitung auf der Marschbahn ist alternativlos.
Warum wollen wir Oberleitungen? E-Züge sind stärker, schneller und pünktlicher, und das auch bei Gegenwind. Die Leistung bringt auch mehr Platz und Komfort sowie mehr Halte in gleicher Zeit. Das bringt mehr Reisende und Einnahmen. E-Züge sind leiser, sauberer und klimaschonend. Sie sind billiger im Einkauf, der Wartung und im Betrieb. 8,3 Millionen Euro würden wir jährlich allein an Energie auf der Marschbahn sparen.
Und sie nützen noch viel mehr: Jedes Umsteigen kostet 1/3 an Reisenden. Unser Tourismus braucht direkte IC oder gar ICE und die fahren nur mit Oberleitung. Wenn wir mit „Strom vom Deich statt Öl vom Scheich“ fahren, bleibt das Geld in der Region. Besonders spannend, im wahrsten Sinne des Wortes, ist, dass die Marschbahn zum Pluspol der DB werden kann. Die DB hat 7.959 Kilometer eigenes Stromnetz mit heute noch 833 Megawatt Kohle und 140 Megawatt Atom. Umrichterwerke vernetzen es mit dem allgemeinen Stromnetz. Die brauchen wir in Niebüll und Windbergen. Der Name ist geradezu ein Synonym für Windkraft. Mit der Elektrifizierung käme Windstrom bis in die Alpen. Tschüss Kohle und Atom.
Und unsere Region kann Strominfrastruktur: Unsere Energiebranche kann Infrastrukturbau, wie man am Umspannwerk Gasthafen bei Niebüll sieht. Ihr Engagement und ihre Kompetenz wollen wir nutzen. Die NEG elektrifiziert Niebüll-Dagebüll, um für die neuen Talgo-IC-Züge gerüstet zu sein. Sonst müsste sie Dieselloks ohne Zukunft kaufen.
Unser Grüner Umweltminister Robert Habeck brachte die Westküstentrasse in Rekordzeit voran. Ich bin überzeugt: Das wird Jan Philipp Albrecht auch bei der Marschbahn gelingen und noch Jahre vor 2030 werden die ersten E-Züge an der Westküste fahren. Auch die Umweltverbände wollen „Strom statt Diesel“. Im guten Dialog den Naturschutz von Anfang an zu beachten, beschleunigt die Planung. Dann kann uns das Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben die UVP ersparen.
Jetzt stellt sich zum Schluss nur die Frage, wie schnell wir es hinbekommen, Löcher zu bohren, Stahlmasten aufzustellen und eine Strippe daran zu hängen. Zehn Jahre sagen die Expert*innen – das ist absolut inakzeptabel. Der IPPC sagt, die Zeit drängt, wenn wir überhaupt noch das zwei Grad Ziel einhalten wollen.
Wir wollen die Marschbahn-Elektrifizierung mit allerhöchster Priorität vorantreiben. Es hat sich ausgedieselt. Sie ist der Auftakt für das im LNVP-Entwurf formulierte Ziel, 2030 alle öffentlichen Verkehre CO2-frei zu fahren. Das ist Grünes Investieren. Und jetzt gilt „anpacken“ und nicht „rumschnacken“.